Persönliches Budget
für Menschen mit Behinderung
Mehr Selbstbestimmung, größere Eigenverantwortung und gleichberechtige Teilhabe. Das Persönliche Budget ist eine alternative Leistungsform zu den üblichen Sach- und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung und denen, die von einer Behinderung bedroht sind. In Vergangenheit wurden die Rehabilitation sowie die dazugehörigen Maßnahmen weitestgehend von Dritten geregelt. Dem stand der Wunsch behinderter Menschen gegenüber, die Organisation ihrer Pflege, Betreuung und Versorgung in die eigenen Hände zu nehmen.
Ein berechtigter und wichtiger Anspruch, der über Jahrzehnte erkämpft werden musste. Mit der bundesweiten Einführung des Persönlichen Budgets, auf das seit dem 01. Januar 2008 ein Rechtsanspruch besteht, wurde ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft gemacht. Die monatliche Auszahlung finanzieller Mittel ermöglicht es Menschen mit Behinderung, die Fremdbestimmung zu reduzieren und ihren persönlichen Unterstützungsbedarf selbst zu decken.
Das Sachleistungsmodell, auch Sachleistungsprinzip genannt, beschreibt das Verhältnis zwischen den Leistungsträgern, den Leistungserbringern und den Leistungsberechtigten. Anders als beim Persönlichen Budget erhalten Menschen mit Behinderung keine finanziellen Zuwendungen, sondern konkrete Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe sowie die dafür notwendigen Hilfsmittel.
Während das Wunsch- und Wahlrecht auch im Sachleistungsmodell berücksichtigt wird, nehmen die LeistungsnehmerInnen eine passive Rolle in der Verwaltung ein – insbesondere, wenn es um die Vergütung der erforderlichen Leistungen geht. So bezahlen die Leistungsträger die Leistungserbringer, welche sich im Gegenzug in den Dienst der Leistungsberechtigten stellen.
Das Geldleistungsmodell wandelt die Dreiecksbeziehung des Sachleistungsmodells um. Insofern, als dass die Leistungsberechtigten ein Persönliches Budget von den Leistungsträgern erhalten, mit dem sie die notwendigen Leistungen und Hilfsmittel eigenständig auswählen und bezahlen können. Damit wird auch ein Großteil der Organisations- und Verwaltungsaufgaben auf die LeistungsempfängerInnen übertragen.
Die Höhe des monatlichen Persönlichen Budgets richtet sich dabei nach dem individuellen Hilfebedarf und soll die Kosten vergleichbarer Sachleistungen generell nicht übersteigen. Die Bedarfsermittlung im Rahmen des Hilfeplans und dessen Zielsetzungen erfolgt für gewöhnlich in einem Abstand von 2 Jahren. Weiterhin ist es möglich, aus dem Geldleistungsmodell zurück in das Sachleistungsmodell zu wechseln.
Um das Persönliche Budget zu erhalten, muss ein Antrag bei dem jeweiligen Kostenträger gestellt werden. Leistungsberechtigt sind Menschen mit Behinderung und von einer Behinderung Bedrohte jeden Alters, die Anspruch auf die Eingliederungshilfe nach SGB IX haben. Es reicht eine schriftliche Antragsstellung bei einem Kostenträger aus. Im Anschluss klären die Leistungsträger untereinander, ob einer oder mehrere zuständig sind. Bei Komplexleistungen kann es sich um ein trägerübergreifendes Persönliches Budget handeln, an dem mehrere Leistungsträger beteiligt sind, darunter:
Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, Unfallversicherungsträger, Rentenversicherungsträger, Träger der Alterssicherung der Landwirte, Träger der Kriegsopferversorgung und -fürsorge, Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Sozialhilfeträger, Pflegekassen und die Integrationsämter.
Die budgetfähigen Leistungen umfassen solche, welche der medizinischen Rehabilitation, der Teilhabe am Arbeitsleben, der Bildung sowie der sozialen Teilhabe zugerechnet werden können. Darüber hinaus sind auch ergänzende Leistungen über das Persönliche Budget abdeckbar. Eines der wohl bekanntesten Beispiele für den Einsatz des Persönlichen Budgets ist die Assistenzhilfe, welche die Begleitung und Betreuung durch eigens ausgewählte Assistenzkräfte in verschiedenen Lebensbereichen sicherstellt.
Durch das Persönliche Budget erhalten Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, ihre Rehabilitation, ihre Unterstützung und damit auch ihren Alltag weitestgehend selbstbestimmt zu gestalten. Dementsprechend liegen die größten Vorteile in der erhöhten Eigenständigkeit, Entscheidungsfreiheit, Wahlfreiheit sowie der Flexibilität bei der Organisation der Hilfeleistungen. All dies sind wichtige Grundpfeiler, um eine gleichberechtigte Teilhabe auf Augenhöhe zu erreichen.
Mit großer Freiheit kommt auch große Verantwortung. Gerade im Arbeitgebermodell der Persönlichen Assistenz, in dem Leistungsberechtige die volle Verantwortung für die Auswahl, Einarbeitung und Bezahlung der Assistenzkräfte übernehmen, müssen sie eine Vielzahl an Organisations- und Verwaltungsaufgaben stemmen. Ein Mehraufwand mit zusätzlichem Arbeitgeberrisiko, der bei der Entscheidung für oder gegen das Persönliche Budget einberechnet werden sollte.
Wie erwähnt zählt die Persönliche Assistenz zu den bekanntesten Beispielen für den Einkauf von Leistungen über das Persönliche Budget. Unter Berücksichtigung der Zielvereinbarung, den eigenen Bedürfnissen und persönlichen Kompetenzen können LeistungsnehmerInnnen Assistenzkräfte einstellen, die ihnen im Haushalt, auf der Arbeit, in der Schule und Freizeit sowie weiteren Lebensbereichen zur Seite stehen. Demnach haben sie die volle Kontrolle darüber, wann, wie, wo und von wem die erwünschten Leistungen erbracht werden. Gleichzeitig übernehmen sie auch die Abrechnung und die Nachweise über die Mittelverwendung. Neben dem Persönlichen Budget eröffnet sich für BerlinerInnen mit dem Leistungskomplex 32 eine weitere Möglichkeit, um ihre Assistenzhilfe eigenständig zu organisieren.
Lange vor der bundesweiten Einführung des Persönlichen Budgets hat sich der Leistungskomplex 32 in Berlin als Finanzierungsoption für die Persönliche Assistenz etabliert. Ist die Anwesenheit von Assistenzkräften von mindestens fünf Stunden am Tag erforderlich, können BerlinerInnen vom LK 32 Gebrauch machen. Während die zuständige Assistenzorganisation, beispielsweise ein ambulanter Pflegedienst, vom Leistungsträger bezahlt wird, behalten die LeistungsnehmerInnen ihre Wunsch- und Wahlfreiheit bei.
In diesem „indirekten Arbeitgebermodell“ sind die Assistenzkräfte beim ambulanten Pflegedienst eingestellt, wodurch die LeistungsnehmerInnen bei der Verwaltung und Personalsteuerung entlastet werden. Gleichzeitig wird auch die Qualitätssicherung vom Dienstleister übernommen. Um das Maximum an Selbstbestimmung beizubehalten, entscheiden die AssistenznehmerInnen weiterhin über die zeitliche, inhaltliche und personelle Ausgestaltung ihrer Persönlichen Assistenz.